neue Gesellschaft
für bildende Kunst

Isabel Kwarteng-Acheampong & Auro Orso

Bereits seit Beginn der Kolonialzeit dient Essen als Maßstab für Zivilisiertheit. Noch heute spielen das Thema Ernährung und seine koloniale Verstrickung vor allem für Menschen, die von Rassismus und intersektionalen Diskriminierungen betroffen sind, eine bedeutende Rolle: Nahrung kann ausgrenzen, aber auch heilen. Im Rahmen ihres Vermittlungsstipendiums setzen sich Isabel Kwarteng-Acheampong und Auro Orso künstlerisch mit Essen als dekolonialer Praxis und Empowerment-Strategie für Queere BIPoC auseinander. Aus ihrer künstlerischen Forschung entsteht eine audiovisuelle Installation mit Live-Performances.


Das Vermittlungsstipendium wird von der nGbK seit 2010 jährlich ausgeschrieben. Die Ausschreibung richtet sich an Einzelpersonen oder Teams von maximal zwei Personen, die im Bereich der Kunst- und Kulturvermittlung sowie in der Bildungsarbeit tätig sind und die experimentelle und prozesshafte Verfahren und Formate der künstlerischen Vermittlung umsetzen möchten. Die institutionelle Anbindung an die nGbK bietet den Stipendiat_innen die Möglichkeit, ein Vermittlungsformat umzusetzen, in dessen Rahmen die eigene Praxis erprobt, variiert oder ggf. neu ausgerichtet werden kann.

Plakatkampagnen

9. bis 29. Juni 2023
Plakate am U-Bhf Kottbusser Tor von Irene Fernández Arcas
Plakate am U-Bhf Strausberger Platz von Sunny Pfalzer

30. Juni – 20. Juli 2023
Plakate am U-Bhf Kottbusser Tor und Intervention Berliner Fenster von Julieta Ortiz de Latierro
Plakate am Strausberger Platz von Chargé

11. Juli –10. August 2023
Plakate am U-Bhf Kottbusser Tor von image-shift

Begleitprogramm

Donnerstag, 8. Juni 2023
20-22 Uhr
Core of Genesis
Wrestling-Match von Liminal Beast of Prey
Ort: Platz vor dem Roten Rathaus, Ecke Karl-Liebknecht-Straße / Spandauer Straße

Freitag, 9. Juni 2023
18:30 Uhr

Inner Care in Public Spaces
Performance-Kollaboration von Franka Marlene Foth und Irene Fernández Arcas,
gefolgt von einem Get-together im Südblock (ab 19 Uhr)
Ort: U-Bhf Kottbusser Tor, Ausgang U-Bhf Kottbusser Tor gegenüber Südblock

Samstag, 10. Juni 2023
16 Uhr
Scores for Fake Authenticity
Performance von Sunny Pfalzer mit Ronald Berger und Kévin Bonono
Ort: U-Bhf Strausberger Platz, Ausgang C (Karl-Marx-Allee/ Lebuser Straße)

Donnerstag, 15. Juni 2023
20 Uhr
Inner Care in Public Spaces
Collective Listening mit Irene Fernández Arcas
Online Meditation, per Plakaten und Stickern abrufbar: https://www.yourinnerforest.de/

Ort: U-Bhf Kottbusser Tor, auf dem Bahnsteig der U1
Bitte mitbringen: ein Smartphone und Kopfhörer

Freitag, 16. Juni 2023
16 Uhr
Scores for Fake Authenticity
Walk + Talk Performance von Sunny Pfalzer mit Ronald Berger, Kévin Bonono und Fadescha
Ort: U-Bhf Strausberger Platz, Ausgang C (Karl-Marx-Allee/ Lebuser Straße)

Samstag, 17. Juni 2023
16 Uhr
Scores for Fake Authenticity
Performance von Sunny Pfalzer mit Ronald Berger und Kévin Bonono
Ort: U-Bhf Strausberger Platz, Ausgang C (Karl-Marx-Allee/ Lebuser Straße)

Samstag, 8. Juli 2023
15 Uhr

Chargé (Sinzo Aanza, Jasmina Al-Qaisi, Falonne Mambu, Nada Tshibwabwa, Ralf Wendt und Elsa Westreicher)
Künstler_innengespräch
Ort: U-Bhf Strausberger Platz (Treffpunkt: Eiscafé il Viale)

Freitag, 30. Juni 2023
19 Uhr

Keine Werbung
Einweihung der Plakate mit der Künstlerin Julieta Ortiz de Latierro
Ort: Gleis der U1 am U-Bhf Kottbusser Tor

Samstag, 8. Juli 2023
16 Uhr
Chargé (Sinzo Aanza, Jasmina Al-Qaisi, Falonne Mambu, Nada Tshibwabwa, Ralf Wendt und Elsa Westreicher)
Performance im Stadtraum am Strausberger Platz; Plakate und Soundarbeit im U-Bahnhof
Soundarbeit kann über Anruf erreicht und angehört werden (Telefonnr. auf Plakaten im U-Bhf.)
Ort: U-Bhf Strausberger Platz

Samstag, 8. Juli 2023
18 Uhr

Keine Werbung 
Workshop Julieta Ortiz de Latierro
Unangenehme bürokratische Briefe werden hier in Pop-Up-Skulpturen verwandelt; KOTTImobil bietet parallel eine kurze soziale Erstberatung auf Arabisch, Deutsch, Englisch und Türkisch
Bitte Briefe in Kopie mitbringen und vorher anmelden: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Ort: blog_huette am U-Bhf Kottbusser Tor

Dienstag, 11. Juli 2023
20:30 Uhr
Filmvorführungen:
- Der Dokumentarfilm Gurbet artık bir ev / Gurbet is a home (2021; 63 Min.) von Pınar Öğrenci reflektiert das stadtplanerische Konzept „Behutsame Stadterneuerung“ und thematisiert den diskriminierenden Umgang mit migrantischen Arbeiter*innen. Der Film deckt einen bislang wenig beachteten Aspekt der Planungsgeschichte Kreuzbergs auf, die der migrantischen Frauen und Gastarbeiter*innen.
- Miete Essen Seele Auf von Angelika Levi (2015; 54 Min.) dokumentiert zwei Jahre nachbarschaftliche Organisierung und Protest am südlichen Kottbusser Tor. Dabei wird die Wohnungsfrage mit der Geschichte der Migration verknüpft und eine Verbindung von Rassismus und urbaner Verdrängung betont.
Ort: fsk - Kino am Oranienplatz

Freitag, 14. Juli 2023
16 Uhr
Chargé (Sinzo Aanza, Jasmina Al-Qaisi, Falonne Mambu, Nada Tshibwabwa, Ralf Wendt und Elsa Westreicher)
Performance im Stadtraum am Strausberger Platz; Plakate und Soundarbeit im U-Bahnhof
Soundarbeit kann über Anruf erreicht und angehört werden (Telefonnr. auf Plakaten im U-Bhf.)
Ort: U-Bhf Strausberger Platz

Freitag, 14. Juli 2023
19 Uhr
Gespräch Moshtari Hilal & Sinthujan Varatharajah
Die Künstlerin und der*die politische Geograph*in sprechen ueber neue soziale Praktiken und urbane Öffentlichkeiten im Kontext des "Kotti"
Ort: Aquarium (neben dem Südblock am Kottbusser Tor)

Samstag, 15. Juli 2023
18 Uhr
Learning from Kotti von image-shift
Geführter Spaziergang urch das Kottbusser Tor mit Sandy Kaltenborn
Mitgründer der Mietergemeinschaft „Kotti & Co.“ und dem Kommunikationsbüro image-shift
Treffpunkt: Gecekondu (Holzhaus neben dem Südblock am Kottbusser Tor)

Künstler_in: Sunny Pfalzer
Performer_innen: Ronald Berger, Kévin Bonono und Sunny Pfalzer
Performances: 10. 16. und 17. Juni 2023, 16 Uhr
Walk + Talk Performance mit Fadescha: 16. Juni 2023, 16 Uhr
Drei Plakate im U-Bahnhof Strausberger Platz: 9.–29. Juni 2023

by/von Joseph KadowFotocredits: Joseph Kadow

Die Performance Scores for Fake Authenticity besteht aus sogenannten Scores (Handlungsanweisungen), die von drei Performer_innen im öffentlichen Raum auf dem Strausberger Platz aufgeführt werden. Mit vermeintlich authentischen oder unbewussten Gesten und Handlungen bewegen sich Ronald Berger, Kévin Bonono und Sunny Pfalzer teils getrennt und dann wieder gemeinsam vom U-Bahn-Eingang entlang des Platzes. Die Kostüme der Performer_innen lassen sie als Gruppe erkennen; einzeln wirken sie jedoch dem Alltäglichen entrückt, womöglich merkwürdig oder auch leicht absurd. 

Die Scores sind von Gesten und Bewegungen inspiriert, die Sunny Pfalzer im Stadtraum im Vorhinein beobachtete. Obwohl die Handlungen intim wirken, sind sie für die Performance choreografisch und ästhetisch konstruiert. Die Scores sind sozusagen „Recipes of Being”, Anleitungen des Seins.

Zwei Seinszustände, die sich zwischen repräsentativem und individuellem Verhalten abbilden, werden hier in ein Spannungsverhältnis gebracht: das „In-mich-Gehen“, wie es Sunny Pfalzer nennt, eine vermeintlich authentische, unbewusste Handlung, versus das „Zeigen-Wollen“, das Publikum und Umgebung adressiert, ein attentiver Zustand. Diese Zustände werden durch das performative Veröffentlichen ins Verhältnis zu Geschlechtsidentität gesetzt. Die sich als genderfluid identifizierenden Performer_innen greifen Blickregime auf, die aus der Differenz normativer Gesellschaftsvorstellungen und davon abweichender Identitäten hervorgehen. Während der Performance bewegen sich die Körper zwischen unterschiedlichen Bewusstseinszuständen hin und her. Als sich selbst ermächtigende Strategie (nach dem Motto „own your obstacles”) bedienen sich die Performer_innen hier Methoden feministischer und aktivistischer Kollektive.

Im U-Bahnhof sind die Performer_innen auf drei Plakaten an den Hintergleisflächen zu sehen. Sie posieren wie Popstars und greifen Formationen von Boy- und Girlbands der 1990er- und frühen 2000er-Jahre auf. Durch diese Poster, die auch als Ankündigungen für die Performances fungieren, werden die banalen Bewegungen zur Show. Die Plakate verweisen auf die Performativität des Alltäglichen und somit auch auf inhärente Gender Performativity.

 

Sunny Pfalzer thematisiert wiederkehrend aktivistische Räume sowie deren kontextuelle Darstellung und Umsetzung. Meist entstehen Bilder und Aktionen, die von popkulturellen Referenzen beeinflusst sind. Pfalzer schöpft neben visuellen Recherchen zum Thema aus deren eigenen Erfahrungen und orientiert sich in deren Arbeit stark an der gelebten Form von Protest- und Widerstandsbewegungen. Deren Fokus liegt auf der ästhetischen und theoretischen Auseinandersetzung mit dem „Zusammensein" als Mittel der Selbstermächtigung und Geste der kollektiven Ermächtigung. 

Performer_innen:

Ronald Berger ist Tänzer_in und Performer_in aus Costa Rica und lebt in Berlin. Die Verbindung zur Natur und deren performative Qualitäten prägten Ronald schon früh. Der Konflikt zwischen deren Sexualität und dem stark katholischen, chauvinistischen Kontext in deren Heimatland inspiriert Debatten, Analysen und Fragen nach sozialem Verhalten. 

Kévin Bonono, geboren in Amiens, Frankreich, zog später in sein Herkunftsland Kamerun, wo er bis zu seinem zwölften Lebensjahr lebte. Derzeit lebt er in Berlin. Im Jahr 2015 begann Bonono seine künstlerische Ausbildung in den Bereichen Tanz, darstellende Kunst und arbeitete unter anderem mit Künstler_innen wie Federica Dauri, Stefano Taiuti, Danilo Colonna und Isabel Lewis zusammen.

Fadescha ist Künstler_in und Kurator_in, die zu Kollektivität als normkritischer Pädagogik im Kontext queerer Hegemonien arbeitet. Fadeschas Videoarbeiten nutzen Performance, Text und Sound zur Archivierung unterschiedlichster radikaler Figuren.

 

Kunst im Untergrund 2022/23: Neue urbane Öffentlichkeiten

Irene Fernández Arcas
Sunny Pfalzer
Julieta Ortiz de Latierro
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Liminal Beast of Prey
Chargé

→ Das ganze Programm im Überblick

 

Gespräch mit Paz Ponce Pérez-Bustamante am 14. Januar 2022 per Zoom

 

Anna-Lena Wenzel: Paz, wie bist du zur nGbK gekommen?

Paz Ponce Pérez-Bustamante: Ich habe 2018 die aktivistische Plattform ¡n[s]urgênc!as gegründet – insurgencias bedeutet „Widerstände“. Es ist eine Plattform für Künstler_innen at risk aus Lateinamerika in Berlin. Im Rahmen der Portfolio-Reviewings, die ich für die Plattform organisiere, habe ich 2018 Valeria Fahrenkrog, Teobaldo Lagos Preller und Daniela Labra als Berater_innen eingeladen. Zwei Jahre später kontaktierte Valeria uns und Marcela Moraga, um eine Arbeitsgruppe zu gründen. Gemeinsam konzipierten wir das Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm museo de la democracia, mit dem wir auf die Solidaritätswelle der Proteste und nationalen Streiks in Lateinamerika reagiert haben. Bis auf mich kamen alle anderen aus Chile, was zu produktiven Diskussionen darüber geführt hat, wie man über ein Territorium sprechen kann, aus dem man nicht kommt. Es gibt noch eine weitere Verbindung zur nGbK: Für meine erste Ausstellung in Berlin, Pflegeanweisungen – The Art of Living Together in der Galerie Wedding, habe ich 2014 zu selbst organisieren Kunstorten in Berlin recherchiert. Was für Gruppen gab es? Wer hat sich wofür eingesetzt? Dabei habe ich auch ein Interview mit der nGbK geführt und die Institution kennengelernt.

ALW: Warum habt ihr euch für die nGbK entschieden?

PPPB: Die nGbK ist der beste Ort, wenn man politische Ausstellungen macht. Ich mag das Programm: Es gibt einen kontextuellen Ansatz und ein Interesse an Politik in der Stadt. Auch das breite Spektrum der Themen ist ziemlich gut, es werden immer wieder überraschende Projekte realisiert. Ich bin stolz, dass wir mit unserem Projekt Teil des Programms sind.

ALW: Warst du auch Mitglied im Koordinationsausschuss (KOA)?

PPPB: Ja, zusammen mit Teobaldo Lagos Preller, wir haben uns abgewechselt, am Ende ist Valeria für mich eingesprungen.

ALW: Was erinnerst du von den Sitzungen?

PPPB: Manchmal war es total langweilig und oldschool. Zugleich ist es sehr interessant – wenn man Zeit hat, ist es ein guter Crashkurs in die Berliner Politik. Als wir das Projekt umgesetzt haben, ging es oft um die Transformation des Vereins und den neuen Standort in der Karl-Marx-Allee, den die nGbK in ein paar Jahren beziehen wird. Da habe ich viel gelernt. Problematisch war, dass ich nicht immer alles verstanden habe – sprachlich, aber auch weil die Zusammenhänge so komplex sind.

ALW: Euer Projekt hat mitten in der der Coronapandemie stattgefunden. Inwieweit hat sie euch beeinflusst?

PPPB: Wir mussten alles umstellen und neu denken – vor allem das Begleitprogramm. Die kontingente Situation war sehr herausfordernd und kompliziert. Durch die ganzen Vorschriften mussten wir unsere Ideen ständig anpassen, und Annette Maechtel, die Geschäftsführerin, musste alles mit der Lotto-Stiftung abstimmen. Dabei wurden die Spielräume für die Kunst kleiner. Das war nicht cool. Schade fand ich auch, dass es nur zu wenigen Verbindungen mit anderen Projekten und Aktivitäten kam, obwohl es inhaltliche Überschneidungen gab. Es bräuchte jemanden, der/die das ein bisschen im Blick behält. Für das Publikum ist oft nicht unterscheidbar, wer was macht. Es war bedauerlich, dass wir untereinander nicht besser im Austausch waren, wobei das wahrscheinlich auch mit den digitalen KOA-Sitzungen zusammenhing.

ALW: Hat sich dein Blick auf die nGbK während des Projekts verändert?

PPPB: Am Anfang war ich sehr beeindruckt von der Begleitung des Projekts durch die Geschäftsstelle. Es gibt tolle Werkzeuge wie die Beratungsgespräche in der Bewerbungsphase oder den „Schulterblick“, bei dem man hilfreiches Feedback bekommt. Es war unterstützend, mit verschiedenen Expert_innen zu tun zu haben, die mit uns darüber gesprochen haben, wie man Vermittlung denken oder wie das Projekt besser die Öffentlichkeit erreichen kann. Wir haben uns gut aufgehoben gefühlt.

Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass die nGbK mehr Berlin-Style ist, als ich dachte. Es hat sich mehr nach einem selbst organisierten Kunstraum angefühlt als nach einer gut ausgestatteten Institution. Vielleicht hatte ich andere Erwartungen, weil ich in der Vergangenheit bereits für verschiedene Institutionen in Ländern wie Spanien, Griechenland, Türkei und Kosovo tätig gewesen bin. Die Frage ist, ob es besser ist, mehr material means zu haben, oder mehr Freiheit. Das Gefühl der Freiheit, das wir anfangs hatten, veränderte sich leider während der Ausstellungsvorbereitung, weil es so viel Druck gab. Man könnte sagen, dass die nGbK professionell ist – aber mehr noch ist sie politisch.

ALW: Ich weiß von vielen Gruppen, die sich während des Prozesses zerstritten haben. Wie war es bei euch?

PPPB: Das war bei uns auch so (lacht) – aber nur am Ende, und das hatte auch damit zu tun, dass wir uns lange nur digital treffen konnten. Es war einfach auch sehr viel Arbeit, vor allem durch die Umstellungen, die Corona mit sich brachte. Weil wir Angst hatten, das Budget zu überziehen, haben wir versucht, so sparsam wie möglich zu arbeiten. Am Ende hatten wir sogar noch etwas Geld übrig, das wir uns auszahlen konnten. Das war ganz gut.

ALW: Bist du noch Mitglied?

PPPB: Ja, auf jeden Fall. Methodologisch ist die nGbK einzigartig. Ich schätze an ihr, dass die Grenzen zwischen Kunst und Kuration so fließend sind. Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Mir gefällt die Entscheidung, Räume an der U5 zu haben, da so die Verbindung zum Standort in Hellersdorf gestärkt wird. Es ist wichtig für Berlin, dass sich die Kunstszene diversifiziert und dezentralisiert. Und auch die Nachbarschaft mit dem Haus der Statistik finde ich produktiv. Es gibt da viele Überschneidungen, weil es dort auch um widerständige Praktiken geht. Es ist einzigartig, dass mit den neuen Pavillons an der Karl-Marx-Allee Pläne aus der DDR umgesetzt werden und damit Geschichte fortgesetzt wird, die in den letzten Jahrzehnten verstärkt ausgelöscht wurde. Das ist eine Hoffnung für Berlin.

Das von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa ausgeschriebene Stipendium geht in diesem Jahr an die kurdische Künstlerin Susan Azizi. Ziel des Fellowships ist es, Künstler_innen aus Krisenregionen in die kulturellen Strukturen Berlins so einzubinden, dass sich ihnen eine langfristige Perspektive eröffnet.


Als Träger kultureller Identität drückt Kleidung Widerstand gegen soziale und politische Unterdrückung aus. Nicht umsonst setzen autoritäre Regime Kleidungsvorschriften häufig als Repressalie gegen Minderheiten ein – so auch in Kurdistan. In ihrer künstlerischen Forschung im Rahmen des nGbK-Stipendiums Weltoffenes Berlin untersucht die aus dem iranischen Teil Kurdistans stammende und im Berliner Exil lebende Künstlerin Susan Azizi Symbole, Materialien, Formen und Bedeutungen kurdischer Frauenkleidung und versucht, sie durch ihre künstlerische Praxis zu vermitteln und gegen Unsichtbarmachung zu verteidigen.

 

Gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa des Landes Berlin

Gespräch mit Jula Dech in ihrem Studio in Charlottenburg am 7. Dezember 2021

 

Mit Betreten des Studios steht man mittendrin im Kosmos der 1941 geborenen Künstlerin Jula Dech: Im Eingangsbereich hängen mehrere Plakate, die sie zum Teil selbst gestaltet und gedruckt hat – eines ist Honoré Daumier gewidmet und stammt von der ersten Ausstellung, die sie 1974 mit der nGbK realisiert hat. Daneben finden sich Plakate zu Hannah Höch und Käthe Kollwitz und eines, das die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen 218 fordert. Jula Dech beginnt zu erzählen:

Jula Dech: Mein Studium spielte sich in den 1960er-Jahren ab, im Ambiente der Student_innenbewegung. Die hier hängenden Plakate von Honoré Daumier und Käthe Kollwitz weisen auf den wichtigen sozialkritischen Aspekt hin, der aus dieser Atmosphäre der Revolte in unser Studium der Kunst einkehrte, ja einbrach.

Auf dem Tisch, an den wir uns setzen, hat Jula Dech Dias ihrer Ausstellung Unbeachtete Produktionsformen (1982) bereitgelegt, ihren Aufsatz „Blinder Fleck – Die neue Gesell(en)schaft und die Frauenkunst“ aus der nGbK-Jubiläumspublikation 21 – was nun? (1990) aufgeschlagen, den Katalog zur Ausstellung Künstlerinnen international 1877–1977 und einen Kunstgeschichtsband zu Künstlerinnen ausgebreitet. Im Laufe des Gesprächs wird noch ihre Publikation zu Hannah Höch hinzukommen, die aus Anlass eines Kongresses zur Künstlerin 1991 veröffentlicht wurde.

Anna-Lena Wenzel: Jula, wie bist du Vereinsmitglied der nGbK geworden?

Jula Dech: Über meine Schwester Barbara. Sie hat an der nGbK in der Geschäftsstelle als Sekretärin unter Bernd Weyergraf gearbeitet. Das war noch, als ich in Stuttgart gelebt habe. Ich wurde sogar eines der frühen Mitglieder der eben gegründeten Vereinigung. Es waren die Kunst und die Politik gleichermaßen, die mich Anfang der 1970er-Jahre dann aus Stuttgart nach West-Berlin zogen.

ALW: Wie hast du die nGbK damals wahrgenommen?

JD: Die nGbK war angetreten mit dem Ziel, in die Gesellschaft zu wirken, und nicht, um Bilder auszustellen. Deswegen sind die Maler_innen auch in den n.b.k. gegangen. Mir kam das entgegen, denn ich wollte Plakate machen, nicht malen. In der nGbK kamen alle und alles zusammen: kritische Geister, Kritik an der Gesellschaft, kritische Auseinandersetzung mit der Kunst. Die nGbK war kein klassischer Kunstverein mit Mitgliedern, Jahresbeiträgen und Kurator_innen, die gegebenenfalls Künstler_innen als einer Ausstellung würdig auswählten. Vielmehr waren die meisten Mitglieder der nGbK selbst Künstler_innen, die gemeinsam ihren neuen, kritischen Blick auf Kunst und Gesellschaft öffentlich thematisieren wollten. Und wie viele von ihnen, war auch ich als Künstlerin zugleich geprägt vom Studium einer Kunstgeschichte, in der es erst noch zu suchen galt nach den vernachlässigten kritischen Maler_innen, vor allem nach den verkannten, ja unterdrückten Frauen unter ihnen. Das erste Projekt, an dem ich mitarbeitete, trug den offensiven Titel Honoré Daumier und die ungelösten Probleme der bürgerlichen Gesellschaft, das war im Jahr 1974. Zwei, drei Jahre beschäftigte sich unsere Arbeitsgruppe intensiv mit diesem Thema, bevor es dann – in der noblen Orangerie des Schlosses Charlottenburg – der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Dabei war es selbstverständlich, dass es für uns kein Geld gab.

ALW: Wie hast du dich da aktiv eingebracht?

JD: Die Arbeit in der Gruppe inspirierte mich zu einer genaueren Analyse insbesondere der grafischen Werke des engagierten Journalisten Daumier, die in einem Katalogbeitrag mit dem Titel „Die Herstellung von Freiheit durch Druck“ resultierte. Darüber hinaus aber ging es mir darum, die Wahrnehmungen des Publikums durch eigene Erfahrungen zu erweitern. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion transportierten wir eine schwere gusseiserne Lithografiepresse an den Ausstellungsort, wo wir dann interessierten Anwesenden diese schwierige Technik praktisch demonstrierten. Zu diesem Zweck habe ich mittels einer komplizierten Technik Grafiken von Daumier auf Lithografie-Steine übertragen, sodass die staunenden Besucher_innen sich gar selbst ihren „originalen“ Daumier drucken konnten. Klar, dass diese Ausstellung damals große öffentliche Resonanz erfuhr. Aber es war sehr viel Arbeit – wir haben sogar nachts gedruckt!

ALW: Grafische Techniken, insbesondere Radierung und Lithografie, werden im Allgemeinen ja eher der Tradition zugerechnet. Bei dir ist das Plakat jedoch ein politisches Medium?

JD: Es war 1968. Es gab jede Menge politische Aktivist_innen in den Hochschulen, Proteste gegen die Notstandsgesetze, gegen den Paragrafen 218, Demonstrationen gegen die Diktaturen in der Türkei, in Griechenland, im Iran. Ständig kamen Studierende in meine Werkstatt, die unter ihnen schon bald „Ohnesorg-Werkstatt“ hieß, um Plakate zu drucken. Und natürlich war dafür der Siebdruck die Technik.

ALW: Du warst auch Mitinitiatorin der Arbeitsgruppe zur Ausstellung § 218 – Bilder gegen ein K(l)assengesetz, die 1977 in der Galerie Franz Mehring stattfand und die vom Künstlerhaus Bethanien unterstützt wurde. Wie ist die Ausstellung zustande gekommen?

JD: Wir hatten, keineswegs nur Frauen, ein Netzwerk aufgebaut, das von der Schweiz bis nach Holland reichte. Künstler_innen aus West-Berlin und der BRD ebenso wie aus Nachbarländern schickten uns ihre gegen das Gesetz gerichteten Arbeiten. Damit entstand eine umfangreiche Ausstellung in der Kreuzberger Galerie Franz Mehring, deren außerordentlich engagierter Leiter Dieter Ruckhaberle uns half, das Projekt gegen alle heftigen ideologischen Attacken durchzusetzen. Ja, es wurde sogar eine Wanderausstellung daraus, die dann an vielen Orten in Westdeutschland zu sehen war.

ALW: Warst du auch im Koordinationsausschuss (KOA) der nGbK aktiv?

JD: Das war ein Zentrum der Diskussionen. Hier wurde nicht selten heftig gestritten um die „richtige“ Weltanschauung, die ja inzwischen längst auch in die Fänge von politischen (Splitter-)Gruppen geraten war. Diente alles der Entwicklung eigener kritischer Standpunkte und beflügelte meine Arbeit. Eine Zeit lang habe ich vor allem künstlerische Plakate produziert, die auch in vielen Publikationen erschienen sind.

ALW: Dann gab es da die letzte Ausstellung der nGbK, bei der du als Arbeitsgruppenmitglied aktiv warst, mit dem Titel Unbeachtete Produktionsformen, in Zusammenarbeit mit dem Künstlerhaus Bethanien. Worum ging es dabei?

JD: Es ging um die alltägliche Arbeit von Frauen, die von der männlichen, der patriarchalischen Gesellschaft traditionell gering geschätzt, übersehen, ja geleugnet wurde: Hausarbeit, Versorgung der Familie, Betreuung der Kinder … Und natürlich ging es auch um die untergeordnete Rolle, die den Frauen dabei zugewiesen wurde. Vergessen wir nicht, dass Ehefrauen in der BRD bis Ende der 1950er-Jahre zu Haushaltsarbeit gesetzlich verpflichtet waren, außerhäusliche Erwerbsarbeit nur mit Genehmigung ihres Gatten annehmen und sogar ein eigenes Konto nur mit seiner Unterschrift eröffnen durften. Mittelalter – nicht lange her.

ALW: Und wo fand diese Ausstellung statt?

JD: Im Künstlerhaus Bethanien, einem bekannten Veranstaltungsort der sogenannten Szene. Linke Aktivist_innen hatten das ehemalige Kreuzberger Krankenhaus, das 1974 für Renditeobjekte abgerissen werden sollte, über Nacht besetzt und durch nachhaltigen Widerstand gerettet. Schließlich wurde in Verhandlungen mit dem Senat die Umwidmung in ein Kulturzentrum, unter anderem mit einer Druckwerkstatt, erwirkt.

ALW: Beatrice E. Stammer hat erzählt, wie schwer es zum Teil war, auf den Hauptversammlungen Projekte durchzusetzen, die einen feministischen Schwerpunkt hatten. Wie war es bei Unbeachtete Produktionsformen?

JD: Es gab heftige Auseinandersetzungen in der Hauptversammlung, weil die Herren – vorwiegend linke, kritische Männer – so etwas für überflüssig hielten! Wir Frauen aber haben das Projekt durchgesetzt.

ALW: Und was war in der Ausstellung zu sehen?

JD: Das lässt sich am Beispiel meiner Arbeit zeigen, die sich aus einer dreiteiligen Installation mit dem Titel Gewalt und Widerstand zusammensetzt. Ich hatte da einen Kinderlaufstall, eine Badewanne und ein traditionelles Ehebett aufgebaut. Wobei das Bett für krude patriarchale Vorstellungen von der Ehe stand, die Badewanne für die tief verankerten Zwangsnormen von Sauberkeit und – Assoziation zur Nazizeit – Säuberungen, der Laufstall natürlich für die übliche erziehungsmäßige Zurichtung von Kindern. Auf diese heilige deutsche Trinität ließ sich dann, unter anderem mit Kommentaren und Aktionen, das familiäre Rollenbild projizieren, und die widersprüchliche Haltung von Frauen zwischen Mitmachen und Aufsässigkeit konnte ausgetragen werden. Eine Pointe bestand übrigens darin, dass der Leihgeber des Bettes – wie wir später erfuhren, ein ehemaliger Nazi-Richter – dieses erbost zurückforderte, als er bei einem Ausstellungsbesuch zwei junge Frauen sich in „seinem“ Bett „wälzen“ sah. 

ALW: Ich erinnere mich an Fotos der Eröffnung, bei denen ihr Kisten ausgepackt habt, die euch Frauen aus Europa und Amerika geschickt haben?

JD: Ja, das Projekt war von Anfang an international ausgelegt – mit Kontakten nach Frankreich, Holland, in die USA oder Mexiko. Schon bald bekamen wir zahllose Briefe von dort zugeschickt, ganze Kisten mit künstlerischen Objekten. Ich hatte auch selbst erschütternde Fotos von Grabsteinen aus einem zufällig entdeckten toskanischen Dorf mitgebracht, die unsere NS-Vergangenheit betrafen. Da hatte die Wehrmacht 1944 alle 150 Einwohner_innen ermordet, vom Kind bis zum Greis, um sich für einen Angriff von Partisan_innen zu rächen. Diese Bilder wurden als Dias zum Bestandteil der Ausstellung.

ALW: Von den Honoraren, die man bei der nGbK bekommen hat, konnte man schwerlich leben. Wie hast du dich finanziert?

JD: Ich war viel zu Vorträgen und Veranstaltungen unterwegs, zeitweise auch als reisende Lehrbeauftragte an mehreren Orten zugleich: neben der Berliner Tätigkeit an der Pädagogischen Hochschule, die sich dann auch auf die FU erstreckte, in Braunschweig, Hamburg oder Trier. Mal ging es um Fotografie oder Siebdruck, zunehmend dann aber vor allem um die bis dahin unbekannte Frauen-Kunstgeschichte. Dass ich nebenbei diese und jene „Jobs“ annehmen musste – etwa die Betreuung von Künstlerinnen in einem Altenheim –, hat mir auch nicht geschadet.

ALW: Wie ging es für dich dann weiter, mit der eigenen Kunst, der Lehre, anderen Aktivitäten?

JD: In den 1980er-Jahren gingen viele der zuvor spontanen und vorübergehenden Projekte in „ordentlichere“ Formen über – vielleicht das, was Rudi Dutschke einmal als Ziel des „Marschs durch die Institutionen“ ausgegeben hatte. Ich bewarb mich 1986 erfolgreich auf eine Stelle in der vom Senat getragenen Kulturpädagogischen Arbeitsstelle – inzwischen in Institut für Kunst im Kontext umbenannt. Zunächst auf Berliner Künstler_innen beschränkt, zog das Angebot zur Weiterbildung schon bald eine internationale Klientel an. Im Zentrum ging es darum, was man oder frau mit Kunst alles machen könne, über das eigene Produzieren in der Zurückgezogenheit eines Ateliers hinaus: Arbeit mit Kindern, alten Menschen, Migrant_innen oder sogenannten Randgruppen, therapeutische oder biografische Arbeit und so weiter.

ALW: Du hast dich zugleich sehr intensiv mit Hannah Höch beschäftigt … 

JD: Ja, über die lange Zeit vergessene Dadaistin habe ich viel publiziert. Im November 1989, just in der Phase der Maueröffnung, organisierte ich mit unseren Studierenden ein dreitägiges Symposium in der Akademie der Künste, das nur ihr und ihrem Werk gewidmet war. Dazu kamen Referentinnen aus aller Welt angereist. Das ist alles nachzulesen und anzuschauen in unserer umfangreichen Kongress-Dokumentation Da-da-Zwischenreden. Ich glaube, ich darf aufgrund der Resonanz sagen, dass diese Arbeit die Sicht auf die Kunst von Frauen maßgeblich verändert hat. Und die damals entstandene Buchreihe Der andere Blick – Frauenstudien in Wissenschaft und Kunst zeigt mit ihrer Förderung durch den Berliner Senat an, wie allmählich auch in der Politik ein Umdenken im Hinblick auf die Frauenforschung einzusetzen begann. Aber natürlich bleibt bis heute immer noch viel zu tun.

ALW: Was hast du in der nGbK gelernt?

JD: Sehr positiv war für mich an der nGbK, dass sie eine neue Sicht auf Kunst gebracht hat. Es ging darum, die Kunst zu den Menschen zu bringen. Wir haben viel zusammen gelernt, vor allem, Tabus zu hinterfragen.

ALW: Bist du noch Mitglied der nGbK?

JD: Ja, weil ich sie von der Idee her immer noch gut finde.

Künstlerin: Irene Fernández Arcas
Plakate am U-Bahnhof Kottbusser Tor: 9 - 29. Juni 2023
Online-Meditation per Plakaten und Stickern abrufbar: 9 - 29. Juni
Performance am U-Bahnhof Kottbusser Tor in Zusammenarbeit mit Franka Marlene Foth:  9. Juni 2023, 18:30

Fotocredits: Lukas Städler

Es sieht aus wie der Kotti, aber wenn man sich stark genug konzentriert, kann es unser gemeinsamer innerer Wald werden.

Das Projekt Exploring Inner Care in Public Spaces erkundet den Wunsch nach Intimität und Verbundenheit im urbanen Umfeld, bewahrt sich dabei aber eine kritische Sicht auf die neoliberale Indienstnahme von Self-Care, Körper und Geist. In einer farbenfrohen, einhüllenden Kunstinstallation auf dem Bahnsteig der U1 am Kottbusser Tor schaffen die Gemälde und Illustrationen von Irene Fernández Arcas einen visuellen Zufluchtsort, an dem sich individuell oder kollektiv im Pendelverkehr Leichtigkeit und Wohlgefühl empfinden lässt.

Mit dem Projekt setzt die Künstlerin ihre Praxis fort, das Heilungspotenzial von Kunst und Kreativität in unserem täglichen Leben zu erkunden, und es umfasst auch eine Audioarbeit. Die 15-minütige angeleitete Meditation ist über einen QR-Code abrufbar und kann auf einem Smartphone angeschaut und angehört werden. Die Künstlerin erklärt: „Wir alle können mit sehr wenigen Mitteln innere Räume schaffen, unabhängig von unserem Alter oder Hintergrund. Wenn man sich einen eigenen inneren Raum erschafft und ihn betritt, wird man dort alles finden, was man sucht, zum Beispiel Frieden oder Entspannung“. Das Projekt lädt die Fahrgäste der U-Bahn ein, ihre eigenen „inneren Wälder“ zu erkunden, und will einen Moment der Ruhe und Verbundenheit an einem der belebtesten und widersprüchlichsten Orte Berlins bieten, einem Ort, der jahrzehntelang von sozialem Widerstand, Freude und Gemeinschaftlichkeit, zugleich aber auch von Obdachlosigkeit, Gentrifizierung und Kontrolle geprägt war.

Um die Meditation so vielen Menschen wie möglich zugänglich zu machen, ist sie in zehn unterschiedlichen Sprachen und einer rein visuellen Version verfügbar.
Zur Website: https://www.yourinnerforest.de/

Meditation Inner Forest - English



Irene Fernández Arcas ist eine interdisziplinäre Künstlerin. Sie produziert Installationen, in denen sie Zeichnungen, Gemälde, Audio, Text und performative Rituale verbindet. Mit ihrer Arbeit erforscht sie neue Möglichkeiten der Beschreibung von Gesundheit, Spiritualität und dem Heilungspotenzial der Kunst. In ihrer künstlerischen Praxis greift sie auf Experimente und laufende Forschungen zu häuslichen Ritualen, Self-Care und dem Prozess der Kunstherstellung selbst zurück. Fernández Arcas wurde in Granada, Spanien, geboren. Sie studierte Medienkunst in Málaga und Bildende Kunst in Berlin. Ihre Arbeiten wurden in Spanien, Italien, Portugal und Deutschland ausgestellt, in Berlin zuletzt in der Galerie Wedding, der Sammlung Haubrok, dem Kühlhaus Berlin, der Galerie THE FAIREST - Blake and Vargas, dem Institute of Endotic Research und der Galerie im Turm.

 

Kunst im Untergrund 2022/23: Neue urbane Öffentlichkeiten

Irene Fernández Arcas
Sunny Pfalzer
Julieta Ortiz de Latierro
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Liminal Beast of Prey
Chargé

→ Das ganze Programm im Überblick

Gespräch mit Eylem Sengezer am 18. Januar 2022 per Zoom


Anna-Lena Wenzel: Wann und wie bist du zur nGbK gekommen? Erinnerst du dich an deine ersten Eindrücke?

Eylem Sengezer: Ich habe 2012 begonnen, mein erstes Projekt an der nGbK zu realisieren. Ich wurde damals von Anna Bromley und Michael Fesca angesprochen, Teil einer Arbeitsgruppe zu werden, die dann die Ausstellung Die Irregulären – Ökonomien des Abweichens umgesetzt hat. Es war eine Gruppe, die sich erst kennenlernen musste und zum ersten Mal in der nGbK tätig war. Daher kannten wir die Vereinsstrukturen nur bedingt. Wir wussten, dass es eine Hauptversammlung gibt und dass dort die Projekte vorgestellt werden, aber wir wussten nicht, wie die Strukturen und basisdemokratischen Entscheidungsprozesse aussehen, welche Rolle die Arbeitsgruppen und der Koordinationsausschuss (KOA) im Vereinsgefüge spielen und welche Verantwortung mit der Projektumsetzung einhergeht. Es war also ein Lernprozess auf verschiedenen Ebenen – in Bezug auf kollektives Arbeiten und weil es die erste eigene kuratorische Erfahrung in einem größeren Umfang war. Die nGbK-Projekte haben im Schnitt 50.000 Euro Projektmittel, was nicht wenig ist, wenn man so etwas zum ersten Mal macht.

ALW: Neben der Ausstellung habt ihr auch ein Glossar veröffentlicht …

ES: Ja, wir haben uns damals mit einer Ausstellung und dem Glossar beworben und sind auf der Hauptversammlung auf dem ersten Platz gelandet. Das war für uns eine riesige Überraschung, weil wir nicht wie andere Projekte auf Kontakte oder Netzwerke in der nGbK zurückgreifen konnten. Das ist zugegeben oft hilfreich. Das Thema der Ausstellung – das Verhältnis von Kunst und Arbeit mit einem Schwerpunkt auf den postfordistischen Diskurs – kam offenbar gut an. Wir haben zusätzlich noch ein Symposium in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung organisiert, das war am Ende ziemlich viel Programm.

ALW: War es von Vorteil, im Vorfeld nicht genau zu wissen, wie viel Arbeit es werden würde, das alles umzusetzen?

ES: Wir hatten das Glück, dass wir alle relativ viel Vorerfahrung aus anderen institutionellen Kontexten mitbrachten, trotzdem haben wir den Arbeitsaufwand unterschätzt. Damals konnte ich das ganz gut mit meiner Lebenssituation vereinbaren, dieses Mehr an ehrenamtlicher Arbeit, das ist heute anders. Das Verhältnis von Zeitaufwand und Honorar steht in einem großen Missverhältnis. Das hat, wie in vielen anderen Arbeitsgruppen auch, zu Konflikten geführt. Aber auch wenn ich vorher gewusst hätte, wie viel Arbeit es ist – ich hätte mich trotzdem beworben, weil es eine wichtige Erfahrung war, die ich nicht missen möchte. Ich habe für meine kuratorische Arbeitspraxis und für mich persönlich viel gelernt.

ALW: Hat sich das Verhältnis von Honorierung und Arbeitsaufwand seit den zehn Jahren, die du die nGbK nun schon begleitest, zum Besseren verschoben?

ES: Meinst du in Bezug auf meinen Umgang damit, oder ob sich da institutionell etwas verschoben hat?

ALW: Beides.

ES: Ich habe nach dem ersten Projekt noch drei weitere realisiert. Was sich auf jeden Fall verändert hat, war mein Umgang damit. Je mehr Erfahrung du in der nGbK hast, desto einfacher ist es, bestimmte Arbeitsprozesse zu überblicken und sorgsam mit den eigenen Ressourcen umzugehen. Im Rückblick waren wir im ersten Projekt sehr ambitioniert und haben auf hohem Niveau in kurzer Zeit viel umgesetzt. Die nachfolgenden Projekte waren einfacher in der Organisation, weil ich die Institution mit ihren Abläufen besser kannte. Direkt im Anschluss an die Irregulären habe ich das Metabolismus-Projekt The Ultimate Capital ist the Sun gemacht, auf das der Wissensspeicher und das Jubiläumsprojekt 50 Jahre neue Gesellschaft folgten. Ich habe mich also thematisch stärker zur Institution selbst gewandt. Das hing auch mit dem Interesse zusammen, sich stärker mit der Geschichte zu befassen. Ich hatte die nGbK immer als politischen Ort verstanden, allein schon weil die Institution im Geiste der 68er gegründet wurde. Aber was genau bedeutete dieses Politische und wie hat es sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert?

Durch die Auseinandersetzung mit der Vereinsgeschichte im Rahmen der Digitalisierung und thematischen Aufarbeitung des Archivs beim Wissensspeicher hat sich mein Blick auf die Institution verändert. Ich habe besser verstanden, dass es in der nGbK verschiedene Phasen und auch widersprüchliche Verständnisse des Politischen gab und dass das Verständnis der Struktur, der Verantwortlichkeiten und Rollen verhandelbar ist und immer war.

In den letzten Jahren war die Strukturfrage besonders präsent, weil es unter anderem durch die vielen Wechsel der Geschäftsführung in der nGbK viele Umbrüche gab. Im Rückblick habe ich besonders die Zeit um 2014/15 als diskussionsstark in Erinnerung, weil auch durch den Weggang der Geschäftsführung eine Leerstelle entstanden war. In dieser Zeit war der KOA stark gefordert, und ich habe ihn als sehr aktiv und engagiert wahrgenommen, auch in Bezug auf das Verhältnis von Arbeit und Ehrenamt. Es gab in dieser Zeit sogar die Überlegung, die Geschäftsstelle komplett abzuschaffen.

ALW: Wirklich?

ES: Ja, es war aber eine Minderheit, die das diskutiert hat, und zugleich war es keine neue Diskussion. Mein Blick auf die Institution hat sich zudem mit den unterschiedlichen Rollen verschoben, die ich innehatte: Nach meiner Zeit als Arbeitsgruppen- und KOA-Mitglied war ich kurze Zeit direkt gewähltes Mitglied. Letztes Jahr bin ich ins Präsidium gewählt worden. Für mich war das Präsidium früher vor allem ein repräsentatives Gremium, aber es ist auch ein Gremium, in dem viele Strukturfragen diskutiert werden, für die der KOA keine Zeit oder Kapazitäten hat. Durch die neue Rolle verstehe ich bestimmte Notwendigkeiten nun besser. Weil sich die nGbK gerade im Übergang von der Lotto-Finanzierung in eine institutionelle Förderung durch den Senat befindet – eine Errungenschaft, die nicht selbstverständlich ist und 50 Jahre gedauert hat –, stellen sich die institutionellen Fragen noch mal anders, weil mit dieser Umstellung neue Zwänge auf die nGbK zukommen. In den Blick rückt auch die Frage, wie der Verein die Strukturen so gestalten kann, dass die Basisdemokratie gut funktioniert. Wie schaffen wir es, diese Strukturen in einen anderen Kontext zu übersetzen? Dabei beobachte ich eine Art Gap zwischen den strukturellen Transformationen auf der einen Seite und den Interessen der Arbeitsgruppen, die verständlicherweise oft auf ihre Projekte konzentriert sind, auf der anderen Seite. Da fehlt manchmal der Austausch darüber, was die einzelnen Gremien machen. Das ist auch schwer zu vermitteln, wäre aber wichtig.

ALW: Mit dir sind zurzeit Ingrid Wagner und Ingo Arend im Präsidium, die – wie du – die Institution schon lange und vor allem auch von innen kennen. Das scheint mir eine gute Voraussetzung für das Zusammenspiel der Gremien zu sein.

ES: Das Präsidium war in den letzten Jahren oft repräsentativ besetzt worden. Es macht einen Unterschied, ob man weiß, wie der Arbeitsalltag einer Arbeitsgruppe aussieht und wie das im Verhältnis zur Geschäftsstelle steht. Ich bin als Präsidiumsmitglied in verschiedenen Arbeitskreisen aktiv – im AK Diversity/Antidiskriminierung und im AK Standort – und finde es wichtig, dass das Präsidium im steten Austausch mit den anderen Gremien und AKs steht, weil dort wichtige Debatten über den Verein angestoßen werden. Ich persönlich sehe mich eher als Unterstützerin und Ermöglicherin denn als Repräsentantin, auch weil ich finde, dass die Projekte und AG-Mitglieder am besten sich selbst repräsentieren und nach außen strahlen. Auf kulturpolitischer Ebene ist es etwas anders, da braucht es das Präsidium stärker als Mittler, insbesondere in der aktuellen Transformationsphase. Dabei hängt es stark von den Personen ab, wie sie ihre Rolle definieren. Das eine ist die Struktur, die die nGbK qua Satzung vorgibt, aber wie diese belebt wird, wie die Dinge umgesetzt und moderiert werden, ist das andere.

ALW: Du hast bereits angedeutet, dass das Verständnis der Aufgaben verhandelbar ist. Würdest du sagen, dass diese Anpassungsfähigkeit der Struktur und die Offenheit für neue Akteur_innen den Verein ausmachen?

ES: Ja, ich finde, dass vieles diskutabel und verhandelbar ist, aber das setzt Strukturwissen und eine gewisse Erfahrung in der nGbK voraus. Wenn du neu im Verein bist, traust du dich kaum an diese Strukturen ran, aber es gibt ein Einverständnis darüber, dass Strukturen und Haltungen kritisiert werden dürfen und dass es eine Verhandlung braucht, wenn Kritik im Raum steht. Das zeichnet die nGbK aus. In anderen Institutionen werden nicht mit derselben Offenheit Strukturen oder Personen kritisiert, da es Abhängigkeitsverhältnisse gibt. Diese Abhängigkeiten und Machthierarchien gibt es in der nGbK in dieser Form nicht, sie sind eher horizontal verteilt, zum Beispiel zwischen denjenigen, die schon länger im Verein und denjenigen, die relativ neu sind. Manchmal hängt es auch davon ab, ob man sprachlich Zugang findet.

ALW: Du arbeitest für Diversity Arts Culture (DAC) und hast daher viel Wissen darüber, wie Kulturinstitutionen mit Diskriminierung umgehen.

ES: Eine Institution muss immer damit rechnen, kritisiert zu werden. Sie muss sich mit Diskriminierung und Ausschlüssen auseinandersetzen, ob sie will oder nicht. Diskriminierung findet auch im Kulturbetrieb statt. Es gab im Berliner Kulturbetrieb in den letzten Jahren doch einige Fälle, die öffentlich wurden. Was wir bei Diversity Arts Culture grundsätzlich feststellen: dass auf Diskriminierungsfälle oder Kritik oft mit Schweigen reagiert wird. Zwar gibt es in wenigen Fällen Ansprechpartner_innen oder Strukturen wie den Betriebsrat oder Gleichstellungsbeauftragte, dennoch werden Vorwürfe oft aus Angst oder Unkenntnis erst mal abgetan oder eine Reaktion hinausgezögert, bis sich die Wogen vermeintlich geglättet haben. Aus diesem Grund haben wir bei DAC letztes Jahr eine unabhängige Beschwerdestelle für den Berliner Kulturbetrieb gegründet. Dort erhalten Betroffene eine psychosoziale Beratung und eine erste juristische Einschätzung. Rassismus und Sexismus sind die bisher häufigsten Diskriminierungsfälle, die an uns herangetragen werden.

ALW: Kannst du näher beschreiben, was ihr im AK Diversity macht?

ES: Als es in der nGbK 2021 einen Diskriminierungsvorwurf gab, wurde dieser im KOA diskutiert, eine Veranstaltung abgesagt und die Mitgliedschaft in Form von E-Mails informiert. Wir haben darüber diskutiert, dass es kein Beschwerdeverfahren gibt und der Umgang mit Diskriminierung oder Machtmissbrauch unzureichend ist. Wir haben unter anderem für den Verein ein Fortbildungsprogramm organisiert und lassen uns dazu beraten, wie wir eine Beschwerdestelle einrichten können, an die sich Betroffene von Diskriminierung und Machtmissbrauch wenden können. Es war relativ einfach, den Arbeitskreis zu gründen, aber nicht, Mitglieder für diese ehrenamtliche Arbeit zu finden. Doch gerade bei diesem Thema sind die Mitglieder umso wichtiger. Das Gelingen des AK Diversity hängt davon ab, ob und wie sich alle Gremien das Thema zu eigen machen.

ALW: Es ist eine basisdemokratische Struktur, und trotzdem gibt es Machtverhältnisse, die nicht so direkt über bestimmte Positionen wirken, sondern über Wissen. Wie man das benennt und was für einen Umgang man damit findet, das ist die Herausforderung, die ich in diesem Prozess der Auseinandersetzung mit Diskriminierung sehe. Das ist keine einfache Aufgabe, weil es erst mal darum geht, ein Verständnis dafür zu schaffen, was überhaupt als Diskriminierung wahrgenommen wird.

ES: Interessant ist, dass mir – seitdem wir dazu arbeiten – einige Situationen von Diskriminierung, zum Beispiel Rassismus oder Sexismus, in der nGbK berichtet wurden. Insofern würde ich sagen, dass sich die nGbK gerade in einem Lernprozess befindet und dabei ist, sich zu verständigen, wie sich Machtmissbrauch und Diskriminierung in den eigenen Strukturen manifestieren. Das sind tatsächlich erste wichtige Schritte – Dinge zu erkennen und zu benennen ...

ALW: ... und für die Problematik zu sensibilisieren ...

ES: Genau, und dafür braucht es eine Praxis. Das wird zwar von Einzelnen benannt, aber nicht als strukturelles Problem angeschaut. Auf diese strukturelle Dimension hinzuweisen, ist die Aufgabe des AK. Es gibt in der nGbK keine Leitung, die im Alleingang darüber bestimmen kann, wie ein Beschwerdeverfahren aussehen und strukturell umgesetzt werden soll. Durch den KOA ist es einfacher, dieses Anliegen in die Institution hineinzutragen, dennoch bedarf es einer Auseinandersetzung aller Gremien – und das ist nicht so einfach. Die Dezentralisierung der Macht ist zugleich eine Herausforderung.

ALW: Weil die Zuständigkeiten manchmal unklar sind und die dezentrale Kommunikationsstruktur dazu führt, dass man das Gefühl hat, ins Off zu sprechen?

ES: Ja. Es geht jetzt darum, möglichst viele mitzunehmen, auch wenn das Thema keine Begeisterungsstürme hervorruft. Aber es gehört zu einem Kunstverein dazu, der sich als politisch versteht.

ALW: Wie nimmst du den Verein in Bezug auf Diversität heute wahr?

ES: Die nGbK ist nach wie vor eine relativ weiße Institution, da hat sich in den zehn Jahren, die ich dort aktiv bin, meines Erachtens viel zu wenig getan, was zum Beispiel die Besetzung der Geschäftsstelle, aber auch die Zusammensetzung der Gruppen betrifft. Auch das Verhältnis zur Nachbarschaft in der Oranienstraße ist immer wieder Thema, doch die nGbK hat es nicht geschafft, sich mit den migrantischen Communitys nachhaltig zu vernetzen – höchstens punktuell, aber nicht auf institutioneller Ebene. Da gibt es noch einige Leerstellen.

ALW: Christiane Zieseke hat im Gespräch gesagt, dass in der nGbK Themen verhandelt wurden, bevor sie im Mainstream landeten. Gleichzeitig hat sie davon gesprochen, dass die nGbK im Berliner Kulturfeld nicht so richtig ernst genommen wurde. Du hast selbst in verschiedenen Berliner Kulturinstitutionen gearbeitet und kennst daher den Blick von außerhalb. Wie ist dein Eindruck?

ES: Ich sehe das ähnlich. Die nGbK wird als vielstimmiger Kunstort wahrgenommen. Es gibt allerdings keine schillernden kuratorischen Figuren, sondern einzelne Projekte und Personen, die diskursprägend sind. Stadt- und kulturpolitisch, würde ich sagen, ist es anders, da ist die nGbK eine wichtige Institution und wird auch so wahrgenommen. Ich finde die nGbK vor allem zukunftsweisend in Bezug auf die Art, wie Kunsteinrichtungen Zugänge und Teilhabe schaffen können – die nGbK ist zum einen ein wichtiger Lernort für den kuratorischen und künstlerischen Nachwuchs und zum anderen ein Ort, wo Dinge ausprobiert werden können. Größere Institutionen mit ihren verhärteten Strukturen und Hierarchien hinken da hinterher. Die nGbK könnte diesbezüglich für andere Kultureinrichtungen ein Vorbild sein.

ALW: Für mich ist vor allem der Kollektivgedanke total wichtig. Dass man gezwungen ist, als fünfköpfige Arbeitsgruppe zu agieren, was automatisch dazu führt, dass man dezentraler vorgeht und lernt, Dinge auszuhandeln. Ich beobachte da gerade einen allgemeinen Trend – mit ruangrupa, dem Kurator_innenkollektiv der documenta, oder der Auszeichnung eines Kollektivs mit dem Turner Prize 2021. Da ist die nGbK auf jeden Fall der Zeit voraus.

ES: Das Thema der alternativen Leitungskonzepte wird im Kulturbetrieb gerade viel diskutiert und ist auch im Koalitionsvertrag benannt, wobei die Vorstellung meist nicht über ein Leitungsduo hinausgeht. Die nGbK ist ein gutes Beispiel dafür, wie man eine Institution demokratisch organisieren und das Kollektive zum zentralen Moment machen kann. Das hat den Effekt, dass sich Macht nicht in einer Person konzentriert, was wiederum Auswirkungen auf die Arbeitskultur und die Art hat, wie Themen gesetzt und weiterentwickelt werden.

Das kollektive Moment ist auch der Grund, warum ich in der nGbK geblieben bin. Als ich in hierarchischen Kultureinrichtungen gearbeitet habe, wo es keinerlei oder nur sehr wenig Mitbestimmung gibt, war die nGbK für mich immer eine wohltuende Alternative. Das bedeutet nicht, dass ich ihr kritiklos gegenüberstehe. Es ist etwas Besonderes, so viel mitgestalten und zum Beispiel darüber mitentscheiden zu können, dass Honorare fair und solidarisch verteilt werden.

ALW: Dazu gehört aber auch, dass es Reibungen gibt, dass man für den Verein Mitverantwortung trägt und mit fließenden Grenzen zwischen bezahlter und ehrenamtlicher Arbeit klarkommen muss.

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